Leserbriefe der

vom 23.03.2010

Privilegierung nicht zumutbar

Betrifft: »Gemeinsam vorgehen/Netzwerk will Agrar-fabriken verhindern» (EJZ vom 17. März)

Die Betreiber von Agrarfabriken und die Genehmigungsbehörden berufen sich auf das Privileg von Stallbauten im Außenbereich, das schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Dem Privileg liegen Güterabwägungen des Gesetzgebers von vor rund 50 Jahren zugrunde, die heute meist nicht mehr zutreffen und längst überholt sind.

Um die schon damals befürchteten Umweltbelastungen durch die hergebrachte bäuerliche Bewirtschaftung von der Bevölkerung fernzuhalten, wurde der grundsätzlich nach dem Bundesbaugesetz nicht bebaubare Außenbereich für Landwirte ausnahmsweise freigegeben. Doch diesem Außenbereich konnte noch jeder ausweichen!

Nach den dem deutschen Rechtsverständnis zugrunde liegenden, oft ungeschriebenen Regeln sind Ausnahmeregelungen stets sehr eng auszulegen. Sie dürfen nicht erweiternd angewandt werden. Das ist ständige Rechtsprechung. Man hat sich daher zu fragen, wie die Motivlage damals beim Gesetzgeber war und inwieweit diese Voraussetzungen heute überhaupt noch vorliegen. Ich sehe nicht, dass entsprechende Gesetzesänderungs- anträge der Exekutive gestellt werden, obgleich ihr das Prob-lem unter den Nägeln brennt. So ist deren angebliche Machtlosigkeit nur durch eigenes Unterlassen staatlich notwendigen Handelns bedingt, möglicherweise auch parteilich und politisch gewollt.

Indem es aber die Genehmigungsbehörde unterlässt, eine eigene, zeitgemäße Gesamt-Güterabwägung unter den Gesichtspunkten der extrem ausgeweiteten Massentierhaltung, noch dazu durch wirtschaftlich, zum Teil von ausländischen Investoren abhängige und manipulierbare Lohnmäster betrieben, vorzunehmen, verstößt sie durch Unterlassen des Anforderns heute notwendiger, besserer, gemeinverträglicher Regelungen gegen grundgesetzlich geschützte Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit sowie gegen das Gemeinwohl, an dem jeder Einzelne partizipieren können muss ohne unzumutbare Belästigungen, einzig den einzelwirtschaftlichen Interessen dienend. Die alte Privilegierungssituation für kleinere Aussiedlungen alten Maßstabs ist heute nicht mehr gegeben. Der Bürger wird gezwungen, sich den Folgen einer Massentierhaltung im Boden, in der Luft und im (Grund-)Wasser zu beugen. Er kann dieser Beeinträchtigung nicht mehr wie früher noch ausweichen. Das kann dem Gemeinwohl nicht dienlich sein, die Privilegierungen für den Außenbereich sind daher wegen ihres Ausnahmecharakters auf die zumutbaren kleineren bäuerlichen Einheiten zu beschränken, so wie es ursprünglich vom Gesetzgeber gedacht war.

Michael Wiesemann,
Hitzacker

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