vom 03.07.2009

"Natürlich ist das persönlich"

Dennis Gehrke gibt Pläne für Schweine-Großmastanlage in Klein Heide auf - Aber jetzt will ein Nachbar bauen

rg Klein Heide. Die vergangenen Monate waren für Dennis Gehrke und seine Eltern alles andere als leicht. Seit bekannt wurde, dass der junge Mann eine Schweinezucht- und Mastanlage im Außenbereich der kleinen Ortschaft bei Dannenberg bauen will (EJZ berichtete), ist er zum Buhmann geworden.

Bild: Sieht in Lüchow-Dannenberg keine Perspektive mehr für sich: Diplom-Agrarwirt Dennis Gehrke. Mit einer Großmast- anlage für Schweine wollte er den elterlichen Betrieb in Klein Heide für die Zukunft aufstellen. Nun hat er seine Pläne begraben - nach zwei Jahren und mehreren zehntausend Euro Kosten für Pläne, Gutachten und Anwälte. Aufn.: R. Groß

Nicht nur in Klein Heide, sondern für viele Menschen aus dem ganzen Kreisgebiet. Für Tierschützer, Vegetarier, Naturliebhaber. Für alle Gegner der Massentierhaltung. Eine »Hetzkampagne» der gegen sein Projekt gegründeten Bürgerinitiative sei angelaufen, die geplante Anlage gar als »nichts anderes als ein Konzentrationslager» verunglimpft worden. Es würden absichtlich falsche Informationen verbreitet, sagt Gehrke. »Über die Größe der Anlage, die Zahl der Tiere und die entstehenden Belastungen durch Lieferverkehr und Emissionen.» Und selbst Berufskollegen - auch aus der Nachbarschaft - würden nicht hinter ihm stehen. Ganz im Gegenteil: »Die beschweren sich über mich. Ein Zusammenhalt ist kaum da», ist Dennis Gehrke enttäuscht. Jetzt hat er die Konsequenzen gezogen. »So, wie es jetzt läuft, wird die Anlage nicht gebaut», sagt der Junglandwirt resignierend. »Hier in Lüchow-Dannenberg investiere ich keinen einzigen Cent mehr.»

Wenn die Bürgerinitiative immer wieder betont, dass sie keine Kampagne gegen einen einzelnen Landwirt führt und ihr Kampf nicht persönlich gemeint ist, kann Dennis Gehrke darüber nur müde lächeln. »Natürlich ist das persönlich, es ist doch unser Projekt, das angegangen wird, und das uns in den Augen der Gegner zu bösen Menschen macht.» Besonders hart habe es sie getroffen, dass »es nicht einmal nur Fremde und Auswärtige sind, die gegen uns hetzten», sagt Vater Manfred Gehrke. »Es sind auch Leute, die hier bei uns ein- und ausgegangen sind.» Man grüßt sich im Dorf nicht einmal mehr. »So fühlen wir uns hier nicht mehr wohl», sagt Dennis Gehrke. Sein Millionenprojekt mit eigener Ferkelzucht, 400 Sauen und 2800 Mastplätzen in einem Dorf, einer Gegend zu realisieren, in der er »der Böse» ist, könne und wolle er nicht. »Mit der Investition hätte man sich auf Jahrzehnte an den Ort gebunden. Und hier leben, wenn man sich fühlen muss wie ein Schwerverbrecher, das können wir nicht.» Vielleicht, sagt der junge Diplom-Agrarwirt, ziehe er weg, mit der Familie, um woanders neu anzufangen. »Weg aus Lüchow-Dannenberg.» Auch wenn es hier immer noch Menschen gebe, die zu ihnen halten. »Das ist toll, und dafür danken wir denjenigen auch. Das ist für sie sicherlich auch nicht leicht.»

Eigentlich sollte die Großanlage den Betrieb zukunftsfähig machen. »Wir wollten den Hof so erweitern, dass wir auch künftig von der Landwirtschaft leben können, wollten Arbeitsplätze schaffen», erzählt Dennis Gehrke. Nun stehe der Betrieb, der Hof, den es einer Chronik zufolge schon seit über 500 Jahren gibt, vor dem Aus. Zumal schon mehrere zehntausend Euro ausgegeben wurden: für Gutachten, Pläne, Entwürfe, Anträge und schließlich auch noch anwaltlichen Beistand. »Doch lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende», lächelt Dennis Gehrke bitter. Enttäuscht sei er auch von seinem Berufsverband. »Vom Bauernverband hätte ich mit viel mehr Unterstützung erhofft», sagt er ärgerlich. Zwar habe der Bauernverband die ganze Zeit über hinter ihm gestanden, aber nicht in dem Umfang, wie er es erhofft hatte. Und nun heißt es, er solle bloß weitermachen. »Denn jetzt hat der Bauernverband Angst, dass nie wieder ein solches Projekt in Lüchow-Dannenberg realisiert werden könnte. Ich hätte mir gewünscht, dass der Verband sich in der Angelegenheit früher einmal auch vor mich gestellt hätte.»

Das Fass zum Überlaufen gebracht habe schließlich die Kreisverwaltung. »Das Bauamt hat unseren Bauantrag unbearbeitet zurückgeschickt mit dem Hinweis, den Antrag doch erst einzureichen, wenn alle Gutachten verfügbar seien», berichtet Gehrke. »Das hab ich noch nie erlebt.» Und auch, dass seine Pläne schon gleich nach seiner ersten Anfrage an den Landkreis an die Öffentlichkeit gelangten und eine Welle des Protestes auslösten, könne »wohl kaum Zufall sein», mutmaßt der Junglandwirt.

Dennis Gehrke wird seine Mastanlage in Klein Heide nicht bauen. Was jedoch nicht bedeutet, das in Klein Heide keine Schweinemastanlage gebaut werden wird. Denn ein anderer Betrieb will nach EJZ-Informationen sehr wohl eine groß dimensionierte Anlage in Klein Heide errichten. Etwas kleiner, gerade so klein, dass es keine öffentliche Beteiligung geben muss. Aber immerhin mit einigen hundert Sauen zur Zucht und bis zu 1500 Mastplätzen. »Doch das interessiert die Bürgerinitiative überhaupt nicht, war noch nie Thema», ärgert sich Dennis Gehrke. Und vermutet System dahinter. Denn: »Diejenigen, die jetzt die Anlage bauen wollen, waren mit unsere schärfsten Kritiker. Und gegen die - das sagen andere - kommt man einfach nicht an.»

 

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