vom 09.04.2009

Ruf nach einem Tierschutzlabel

Maststallbau: Grünen-Politiker Christian Meyer will Vorrechte der Landwirte auf den Prüfstand heben


Bild: Die Landwirtschaft genieße beispielsweise beim Bau von Mastanlagen Privilegien gegenüber anderen Gewerbetreibenden - diese Vorrechte sollten nach Ansicht von Christian Meyer, dem agrarpolitischen Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, überprüft werden. Aufn.: K.-F. Kassel

fk Groß Heide. Eine ethisch verantwortbare Tierhaltung sei kein einklagbares Kriterium bei der Genehmigung von Tierställen. Martin Schulz, selbst Schweinehalter und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), stellte dies bedauernd fest.

Genehmigungsvoraussetzung sei dagegen die Einhaltung von Umweltstandards, von Lärm-, Geruchs- oder Schadstoffemissionen. Ob die Tiere vor ihrem geplanten Tode artgerecht leben können, spiele keine Rolle. Anlass für die Feststellung des Landwirts Schulz war eine Informationsveranstaltung am Dienstag in Groß Heide.

Der Ort der Veranstaltung, zu dem der Grünen-Kreisverband den Landtagsabgeordneten Christian Meyer eingeladen hatte, war mit Bedacht gewählt. Im Dorf soll ein Schweinemaststall für 5000 Tiere gebaut werden. Vertreter der örtlichen Bürgerinitiative, die sich gegen diesen Bau organisiert, trafen sich vor der öffentlichen Runde mit dem Politiker. Aus Schnega waren Mitglieder der Bürgerinitiative gegen den dort geplanten Bau einer Hähnchenmastanlage dabei.

Im öffentlichen Teil des Abends war von den Stallbauten zunächst wenig die Rede. Meyer nutzte die Gelegenheit zu einem Querschnitt durch die Themen der Agrarpolitik. Stichworte waren unter anderem die Milchpreise, das Klima, die Kennzeichnung von Bioprodukten, der Einsatz von Pestiziden, Gentechnik und Antibiotika. Zum Anliegen der meisten Zuhörer im Saal, dem Maststallbau, berichtete er von einem »Bauboom» in Niedersachsen. Gefördert von der Politik, würden überall im Lande solche Anlagen gebaut. Die Einhaltung von Tierschutzstandards sei dabei kein Thema. Deutschland habe inzwischen die schlechtes-ten Standards innerhalb der EU. Nach Meyers Ansicht muss in dieser landesweiten Debatte das Privileg der Landwirtschaft dis-kutiert werden.

Denn solange eine Anlage als landwirtschaftlicher Betrieb gilt, genießt er Vorrechte gegenüber einem Gewerbebetrieb. Der Landwirt darf bauen, wo ein Gewerbebetrieb niemals eine Baugenehmigung erhalten würde. Solche und andere Vergünstigungen sollten nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten angesichts der Größenordnung der Anlagen überprüft werden. Die Frage laute: Handelt es sich um bäuerliche Landwirtschaft oder um industrielle Agrarproduktion? Die Gemeinden sollten Meyers Ansicht nach mitbestimmen können, ob sie solche Anlagen in ihren Grenzen haben wollten. Bisher haben sie nur einen sehr indirekten Einfluss, etwa über die Bauleitplanung. Auch der Landkreis könne den Bau großer Mastanlagen durch die Raumordnung steuern. Neuland-Landwirt Martin Schulz glaubt nicht, dass die Forderung, nur noch Stroh- oder Freilandhaltung der Tiere zu genehmigen, durchsetzbar ist. Seiner Ansicht nach kann nur der Verbraucher dafür sorgen, dass bessere Standards bei der Massentierhaltung durchgesetzt werden. Dazu müsse es ein Tierschutzlabel geben. Die Verbraucher müssten Aufklärung fordern, wo und wie das Fleisch erzeugt wurde, dass sie kaufen wollen. Die beiden Landwirte, die in Groß Heide den Bau der Schweinemastanlage planen, stellten sich den Erklärungen der Gegner. Die versuchten, den Schweinehaltern mit betriebswirtschaftlichen Argumenten den Bau auszureden. Die Landwirte selbst fühlten sich »an den Pranger gestellt». Dabei gibt es ihrer Meinung nach nur die Alternative: Entweder die Ställe würden in Deutschland gebaut, oder das billige Fleisch komme aus Dänemark oder Holland. Und wenn nicht das Fleisch, dann die Investoren...

Bezugsquelle:

Amtliches Kreisblatt Lüchow-Dannenberg
Verlag und Druck:
Druck- und Verlagsgesellschaft Köhring & Co.
Wallstraße 22-24,
29439 Lüchow

Telefon: (05841) 127 - 0
Redaktion:
Tel.: (05841) 127 160
Fax:: (05841) 127 380
Anzeigen und Verlag:
Tel.: (05841) 127 150
Fax: (05841) 127 350

http://www.ejz.de

http://www.ejz.de/index.php?EJZID=3bc39bc6d44f82147b68058083b993be&kat=50&artikel=109067656&red=28&ausgabe=


zurück zur Homepage