vom 09.09.2009

Fünfstündige Entscheidungshilfe

Dannenberger Stadtrat hört Experten und Bürger zu Themen Landwirtschaft und Massentierhaltung

rg Breese/M. Eine Entscheidung gab es am Ende nicht. Es sei »einzig um Informationen» zu den Themen Landwirtschaft und Massentierhaltung gegangen, betonte am Montagabend Dannenbergs Stadtdirektor Jürgen Meyer gegen Ende der fast fünstündigen Informations-Sondersitzung im Gasthaus Grönecke in Breese in der Marsch.

 

Bild: Wohin entwickelt sich die Landwirtschaft im Lüchow-Dannenberger Nordkreis, wo liegen die Chancen, wo die Risiken? Dazu hörte der Dannenberger Stadtrat am Montagabend auf einer Sondersitzung sechs Referenten an und ließ auch zahlreiche Bürger zu Wort kommen. Aufn.: R. Groß

Informationen für die Mitglieder des Dannenberger Stadtrates, die diesen helfen sollten, über eine Stellungnahme »gegen die Ausbreitung industrieller Tiermast» und für »alternative Erzeugungsmethoden» zu entscheiden. Die Stellungnahme hatten vor einiger Zeit die Fraktionen der Grünen, der GLW und der Bürgerliste dem Rat zur Abstimmung vorgelegt, im Zusammenhang mit dem damals noch aktuellen Streit um eine geplante Großmastanlage für Schweine in Klein Heide. Die Stellungnahme wollte der Rat jedoch nicht verabschieden - oder ablehnen - ohne sich vorher ausreichend informiert zu haben. Und das sollte am Montagabend geschehen. Kein einziger Stuhl war mehr frei im Saal des Gasthauses Grönecke. Viele Dannenberger, Landwirte aus dem gesamten Kreisgebiet und andere Interessierte waren gekommen, um sich anzuhören, was die sechs vom Dannenberger Stadtrat zu seiner Sitzung eingeladenen Referenten zu sagen haben würden: Maren Ramm von der »Bürgerinitiative gegen Schweinefabrik bei Klein Heide», Thorsten Riggert und Wolf Winkelmann vom Bauernverband, Kreisveterinär Dr. Bernd Thiel, Eckehard Niemann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Tillmann Uhlenhaut vom BUND. Von ihnen erhofften sich die Ratsleute Argumentationshilfen für ihre Entscheidung. Nach den Perspektiven der Landwirtschaft, der Abgrenzung von bäuerlicher und industrieller Tierhaltung und der Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Tourismus hatte der Rat die Referenten gefragt. Zunächst informierte Maren Ramm Stadtrat und Zuhörer über ihre Sicht der Dinge: Die Landwirtschaft müsse sich an gesellschaftlichen Erwartungen orientieren, den Diskurs suchen und könne nicht auf Massentierhaltung setzen, so die Grundschullehrerin. Massentierhaltung hänge nicht von der Zahl der Tiere, sondern von der Art ihrer Haltung ab, wem beim Anblick einer modernen Zucht- und Mastanlage »nicht der Appetit vergeht, dem fehlt ein gutes Stück Mitgefühl». Tourismus lasse sich ausschließlich mit bäuerlicher Landwirtschaft vereinbaren. Thorsten Riggert, Landwirt und Vorsitzender des Bauernverbandes Nordost-Niedersachsen, und dessen Geschäftsführer Wolf Winkelmann stellten heraus, dass auch die konven- tionelle Land-wirtschaft in Deutschland aufgrund der steigenden Nachfrage »eine Zukunftsbranche» sei, Landwirte sich aber auch »ihre Nischen, zum Beispiel Bio, suchen können». Bäuerliche Landwirtschaft hört nach dem Verständnis des Bauernverbandes »da auf, wo nicht mehr der Landwirt mit seinem Vermögen haftet sondern Aktiengesellschaften oder Holdings». Und Tourismus gebe es selbst in ausgesprochenen Viehzucht-Regionen wie Weser-Ems.

Erwartungsgemäß sieht AbL-Mann Eckehard Niemann die Zukunft der Landwirtschaft in bäuerlicher Produktion: familiengetragen, selbstbestimmt, landbezogen. Großbetriebe würden »auf den Dörfern Unruhe stiften» und stinken, im Gegensatz zu »Kuhmist aus Stroh, der stinkt nämlich nicht». Weltmarkt-Anpassung sei keine Strategie, man müsse auf »bewusste Konsumenten» und höhere Preise setzen. Ländlicher Tourismus habe Zukunft - dort, wo es noch bäuerliche Landwirtschaft zu sehen gebe. Ins gleiche Horn stieß BUND-Agrarexperte Tillmann Uhlenhaut, der keine Zukunft für im- und exportorientierte, energieaufwendige Produktion sieht. Kreisveterinär Dr. Bernd Thiel wollte keine einfachen Antworten auf die gestellten, seiner Ansicht nach »zu pauschalen» Fragen geben: »Es gibt sie nämlich nicht». Alle seine Vorredner hätten »ein Stück weit Recht». Ein Problem sei, dass die Menschen billige Lebensmittel kaufen, »ganz einfach weil sie es müssen».

Ob die Informationes-Sondersitzung die Ansichten der Ratsleute zum Thema Landwirtschaft verändert hat, wird sich wohlmöglich auf der nächsten Sitzung des Rates zeigen. Dann nämlich wird frühestens die Stellungnahme erneut zur Abstimmung vorgelegt.

 

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