Fraktion im Niedersächsischen Landtag

vom 11.12.2009

DIE LINKE stellt Dringliche Anfrage zur Massentierhaltung:

Kommunen können sich gegen den Maststall-Bauboom nicht wehren

10. Dezember 2009

Hannover. DIE LINKE im Landtag bringt eine Dringliche Anfrage zum Boom der
Massentierhaltung in Niedersachsen in das Landtagsplenum der kommenden Woche ein.
„Überall in Niedersachsen werden neue Mastställe gebaut, überall im Land regt sich Protest
dagegen“, sagte Marianne König, agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die LINKEN
wollen in ihrer Anfrage von der Landesregierung wissen, welche rechtlichen Möglichkeiten
diese sieht, den Kommunen im Baurecht eine Ablehnung von Mastanlagen zu ermöglichen,
deren Umweltverträglichkeit nicht überprüfungspflichtig ist. Bislang müssen Kommunen
solche Mastanlagen genehmigen, ob sie wollen oder nicht. „Beschlüsse gegen die
industrielle Tierhaltung, wie vom Stadtrat in Dannenberg kürzlich beschlossen, sind gut,
haben aber leider nur Appellcharakter“, sagte König.

König kritisierte, dass die Betreiber der Ställe im Genehmigungsverfahren die öffentliche
Beteiligung bewusst umgingen. So sind entlang der A7 rund 150 Mastställe für nicht mehr
als 39.999 Hähnchen geplant. „Durch die Beschränkung auf diese so genannte kleine
Stallgröße können die Betreiber auch die vom Gesetzgeber festgelegte
Umweltverträglichkeitsprüfung umgehen. Unbeachtet bleibt dabei, dass mehrere Ställe in
einer Region zur gleichen Umweltbelastung führen wie ein einzelner Großstall“, sagte
König. In ihrer Anfrage will sie deshalb von der Landesregierung auch wissen, ob sie plant,
etwas gegen diese Gesetzeslücke zu unternehmen. Außerdem möchte sie erfahren, ob die
Regierung den Forderungen der Tierschutzverbände nachkommt und sich für mehr Platz
für die Tiere einsetzt.

Zum Hintergrund:

Niedersachsen erlebt derzeit einen Boom in der Massentierhaltung. Im Emsland
sind weitere Hähnchenmastanlagen für 12 Millionen, in Vechta für fünf Millionen
und in Osnabrück für eine Million Tiere geplant. Aber auch in Regionen, in denen es
bisher weniger Massentierhaltung gab, sollen neue Ställe entstehen. Im Umkreis
um den geplanten Schlachthof im Landkreis Celle, in dem jährlich 57 Millionen Tiere
geschlachtet werden sollen, werden Landwirte für den Bau von Mastställen
gesucht. Entlang der A7 sollen dafür rund 150 Mastställe entstehen.
Die Dringliche Anfrage der Linksfraktion im Wortlaut finden Sie im Anhang dieser
Pressemitteilung.


Niedersächsischer Landtag 16. Wahlperiode

Drucksache 16/0000

Dringliche Anfrage

Fraktion DIE LINKE.

Hannover, den 7. Dezember 2009

Sind die Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen dem Stallbauboom und der
Massentierhaltung hilflos ausgeliefert?

Auf dem Welternährungsgipfel in Rom wurden verstärkt die eigenständige Entwicklung und der Erhalt der Landwirtschaft in allen Ländern dieser Welt eingefordert. Exporte von Billigprodukten in
Schwellenländer zerstören dort den heimatlichen Markt.

Nach dem Klimagipfel steht nun fest, dass aus Klimaschutzgründen eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 % unvermeidlich ist. Landwirtschaft und Ernährung sind mit insgesamt etwa 40 % für Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hoher Fleischkonsum hat zur Abholzung von Regenwäldern geführt. Weltweit wird mehr als ein Drittel der Ackerfläche zur Futtermittelerzeugung bereitgestellt. Reduzierung des Fleischkonsums oder Verzicht von Fleischverzehr ist ein Beitrag zum Klimaschutz und wird weltweit von Experten eingefordert.

In Niedersachsen ist dagegen der Stallbau-Boom und der Wille zur Massentierhaltung ungebrochen.

Im Emsland sind weitere Hähnchenmastställe für 12 Mio. Tiere geplant, in Vechta für 5 Mio.
und in Osnabrück für 1 Mio. Aber auch Regionen, in denen bisher die Massentierhaltung weniger
intensiv betrieben wurde, sind jetzt dem Stallbau-Boom ausgesetzt. Im großen Umkreis um die geplante Hähnchenschlachtfabrik im Landkreis Celle mit einer Kapazität von 57 Millionen getöteter Tiere jährlich, werden Landwirte für den Bau von Mastställen gesucht. Entlang der A7 sollen dafür
allein in Niedersachsen rund einhundertfünfzig Mastställe für 39.999 Hähnchen entstehen. Mit der Beschränkung auf diese so genannte „kleine Stallgröße“ können die Betreiber die öffentliche Beteiligung im Genehmigungsverfahren umgehen. Unbeachtet bleibt dabei, dass mehrere Ställe in einer Region zur gleichen Umweltbelastung führen wie ein einzelner Großstall.

Überall im Land regt sich Protest. Es bilden sich Bürgerinitiativen und ein Aktionsbündnis gegen
Tierfabriken aus Initiativen und Bauern formiert sich. Klagen beim Verwaltungsgericht werden eingereicht.

Die Kommunen haben wenig Handlungsspielraum und sprechen sich nur in seltenen Fällen,
wie gerade in der Stadt Dannenberg, gegen die industrielle Tierhaltung in ihrer Region aus.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um Kommunen im Baurecht eine
Ablehnung von nicht Umweltverträglichkeitsprüfungs- (UVP)-pflichtigen Mastanlagen zu
ermöglichen?

2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um zu verhindern, dass Antragsteller mehrere
Mastställe in einer Region errichtet, um die vom Gesetzgeber festgelegte Größe für die
Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterlaufen?

3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung treffen, um die Beurteilung der Raumbedeutsamkeit
bei der Tierproduktion auf ein Maß zu senken, dass mit den Belangen des Tierschutzes
und des Umweltschutzes in Einklang steht?


Christa Reichwaldt
Parlamentarische Geschäftsführerin

 

 

 

DIE LINKE
Fraktion im
Niedersächsischen Landtag
Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 1
30159 Hannover
Telefon +49 (0) 511/3030-4403
Telefax +49 (0) 511/3030-4880
www.linksfraktion-niedersachsen.de


zurück zur Homepage