10. Dezember 2009 Hannover. DIE LINKE im Landtag bringt
eine Dringliche Anfrage zum Boom der
Massentierhaltung in Niedersachsen in das Landtagsplenum der kommenden Woche
ein.
„Überall in Niedersachsen werden neue Mastställe gebaut, überall im Land
regt sich Protest
dagegen“, sagte Marianne König, agrarpolitische Sprecherin der
Linksfraktion. Die LINKEN
wollen in ihrer Anfrage von der Landesregierung wissen, welche rechtlichen
Möglichkeiten
diese sieht, den Kommunen im Baurecht eine Ablehnung von Mastanlagen zu
ermöglichen,
deren Umweltverträglichkeit nicht überprüfungspflichtig ist. Bislang müssen
Kommunen
solche Mastanlagen genehmigen, ob sie wollen oder nicht. „Beschlüsse gegen
die
industrielle Tierhaltung, wie vom Stadtrat in Dannenberg kürzlich
beschlossen, sind gut,
haben aber leider nur Appellcharakter“, sagte König. König kritisierte,
dass die Betreiber der Ställe im Genehmigungsverfahren die öffentliche
Beteiligung bewusst umgingen. So sind entlang der A7 rund 150 Mastställe für
nicht mehr
als 39.999 Hähnchen geplant. „Durch die Beschränkung auf diese so genannte
kleine
Stallgröße können die Betreiber auch die vom Gesetzgeber festgelegte
Umweltverträglichkeitsprüfung umgehen. Unbeachtet bleibt dabei, dass mehrere
Ställe in
einer Region zur gleichen Umweltbelastung führen wie ein einzelner
Großstall“, sagte
König. In ihrer Anfrage will sie deshalb von der Landesregierung auch
wissen, ob sie plant,
etwas gegen diese Gesetzeslücke zu unternehmen. Außerdem möchte sie
erfahren, ob die
Regierung den Forderungen der Tierschutzverbände nachkommt und sich für mehr
Platz
für die Tiere einsetzt. Zum Hintergrund: Niedersachsen erlebt derzeit
einen Boom in der Massentierhaltung. Im Emsland
sind weitere Hähnchenmastanlagen für 12 Millionen, in Vechta für fünf
Millionen
und in Osnabrück für eine Million Tiere geplant. Aber auch in Regionen, in
denen es
bisher weniger Massentierhaltung gab, sollen neue Ställe entstehen. Im
Umkreis
um den geplanten Schlachthof im Landkreis Celle, in dem jährlich 57
Millionen Tiere
geschlachtet werden sollen, werden Landwirte für den Bau von Mastställen
gesucht. Entlang der A7 sollen dafür rund 150 Mastställe entstehen.
Die Dringliche Anfrage der Linksfraktion im Wortlaut finden Sie im Anhang
dieser
Pressemitteilung.
Niedersächsischer Landtag 16. Wahlperiode
Drucksache 16/0000
Dringliche Anfrage
Fraktion DIE LINKE.
Hannover, den 7. Dezember 2009
Sind die Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen dem Stallbauboom
und der
Massentierhaltung hilflos ausgeliefert?
Auf dem Welternährungsgipfel in Rom wurden verstärkt die eigenständige
Entwicklung und der Erhalt der Landwirtschaft in allen Ländern dieser Welt
eingefordert. Exporte von Billigprodukten in
Schwellenländer zerstören dort den heimatlichen Markt.
Nach dem Klimagipfel steht nun fest, dass aus Klimaschutzgründen eine
Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 % unvermeidlich ist.
Landwirtschaft und Ernährung sind mit insgesamt etwa 40 % für
Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hoher Fleischkonsum hat zur Abholzung
von Regenwäldern geführt. Weltweit wird mehr als ein Drittel der Ackerfläche
zur Futtermittelerzeugung bereitgestellt. Reduzierung des Fleischkonsums
oder Verzicht von Fleischverzehr ist ein Beitrag zum Klimaschutz und wird
weltweit von Experten eingefordert.
In Niedersachsen ist dagegen der Stallbau-Boom und der Wille zur
Massentierhaltung ungebrochen.
Im Emsland sind weitere Hähnchenmastställe für 12 Mio. Tiere geplant, in
Vechta für 5 Mio.
und in Osnabrück für 1 Mio. Aber auch Regionen, in denen bisher die
Massentierhaltung weniger
intensiv betrieben wurde, sind jetzt dem Stallbau-Boom ausgesetzt. Im großen
Umkreis um die geplante Hähnchenschlachtfabrik im Landkreis Celle mit einer
Kapazität von 57 Millionen getöteter Tiere jährlich, werden Landwirte für
den Bau von Mastställen gesucht. Entlang der A7 sollen dafür
allein in Niedersachsen rund einhundertfünfzig Mastställe für 39.999
Hähnchen entstehen. Mit der Beschränkung auf diese so genannte „kleine
Stallgröße“ können die Betreiber die öffentliche Beteiligung im
Genehmigungsverfahren umgehen. Unbeachtet bleibt dabei, dass mehrere Ställe
in einer Region zur gleichen Umweltbelastung führen wie ein einzelner
Großstall.
Überall im Land regt sich Protest. Es bilden sich Bürgerinitiativen und
ein Aktionsbündnis gegen
Tierfabriken aus Initiativen und Bauern formiert sich. Klagen beim
Verwaltungsgericht werden eingereicht.
Die Kommunen haben wenig Handlungsspielraum und sprechen sich nur in
seltenen Fällen,
wie gerade in der Stadt Dannenberg, gegen die industrielle Tierhaltung in
ihrer Region aus.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um
Kommunen im Baurecht eine
Ablehnung von nicht Umweltverträglichkeitsprüfungs- (UVP)-pflichtigen
Mastanlagen zu
ermöglichen?
2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um zu verhindern, dass
Antragsteller mehrere
Mastställe in einer Region errichtet, um die vom Gesetzgeber festgelegte
Größe für die
Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterlaufen?
3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung treffen, um die Beurteilung
der Raumbedeutsamkeit
bei der Tierproduktion auf ein Maß zu senken, dass mit den Belangen des
Tierschutzes
und des Umweltschutzes in Einklang steht?
Christa Reichwaldt
Parlamentarische Geschäftsführerin
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