vom 16.05.2010

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Wendland: Agrarwüste oder Öko-Region?

Eine Stellungnahme zum Thema Hähnchenmast

"Eine Landschaft, die zur inneren Einkehr einlädt, die frei ist von Hektik und Gier." So oder ähnlich wird das Wendland oft beschrieben.

In diesem Umfeld ist eine Vision herangereift, - vor Jahren schon: Eine Öko-Region soll das Wendland werden, beispielhaft, nicht nur mit 100 % regenerativer Energie, sondern auch mit

100 % artgerechter Tierhaltung und mindestens 50 % ökologischem Landbau. Und dazu gehört natürlich auch ein sanfter Tourismus, der die Schönheit der Natur genießt, ohne ihr zu schaden.


Hähnchenmast in Binde: Vor solchen Zuständen fürchten sich zahlreiche Lüchow-Dannenberger. Der Rothkötter-Konzern plant, in Wietze bei Celle einen Riesen-Geflügelschlachthof einzurichten für 135 Mio. Schlachtungen pro Jahr. Als "Zuliefere" werden rund 500 Ställe mit jeweils 40'000 Mastplätzen benötigt. De Genehmigung für Wietze wurde in dieser Woche erteilt.

 

Wenn auch noch sehr viel zu tun bleibt, - teilweise ist die Vision Wirklichkeit geworden oder ist doch wenigstens auf dem richtigen Wege.Die Region besitzt unbestritten eine hohe Lebensqualität. und das hat auch einen bisher viel zu wenig beachteten Nebeneffekt:

Zahlreiche Menschen, zumeist Großstädter, siedeln sich hier an für die Zeit nach dem aktiven Berufsleben. sie verwirklichen hier ihren Traum vom naturnahen leben im alten Bauernhaus.

Manches Dorf haben sie so vor Verödung und Verfall bewahrt und manchem Handwerker zu Lohn und Brot verholfen.

Doch nun ziehen auf einmal schwarze Wolken am Horizont auf und drohen die bisherige Entwicklung zu kippen und in eine total andere Richtung zu drängen.

Der Rothkötter-Konzern plant, in Wietze bei Celle einen Riesen-Geflügelschlachthof einzurichten für 135 Mio. Schlachtungen pro Jahr. Als "Zulieferer" werden ca. 500 Ställe mit jeweils 40000 Mastplätzen benötigt.

Folgerichtig ziehen Werber durch das Land, speziell auch durch des Wendland, um Bauern als "Vertragspartner" zu gewinnen.

Den Landwirten stehen ab 2013 erhebliche Subventionskürzungen bevor, und auf diesem Hintergrund ist mancher geneigt, sich über alle Bedenken hinweg zu setzen und sich auf die riskante Hähnchenmast einzulassen. Schon jetzt ist diese ein sogenanntes "Cent-Geschäft". Denn der Markt für Geflügelfleisch ist über 100 % gedeckt und zusätzliche Mengen können nur über Preisnachlässe abgesetzt werden. Der Mäster macht, wenn alles gut geht, kaum 7 Cent Gewinn pro Hähnchen, trägt aber ansonsten das volle Risiko.

 Kein Wunder, daß unter diesen rigiden Bedingungen der Tierschutz keine Rolle spielt. Um seine Anlage voll auszuschöpfen, hält der Mäster pro m² bis zu. 25 Tiere, die jeweils in ca. 5 Wochen zur Schlachtreife gebracht werden. Bei geringsten Anzeichen einer Erkrankung werden Antibiotika eingesetzt, deren Rückstände sich dann im Kot, auf den Feldern und in den Feldfrüchten wiederfinden.

Gespart werden muß natürlich auch bei den Luftfilteranlagen und bei der Zwischenlagerung und Abdeckung der Mistbergen. Die Auswirkungen auf die betroffenen Nachbarn und die Umwelt lassen sich z.B. im Emsland sehr eindrücklich studieren.

Viele Menschen fragen sich; wozu brauchen wir überhaupt Hähnchenmastanlagen und brauchen wir sie speziell in einer Region wie dem Wendland?

Eine überzeugende Antwort gibt es nicht. Fest steht nur, für eine Verbesserung der Ernährung sind die Mega-Ställe überflüssig und ungeeignet. Auch das gern gebrauchte Arbeitsplatz-Argument zieht nicht. Denn mit 2 Ställen á 40'000 Mastplätzen wird lediglich 1 Vollzeitstelle geschaffen, - aber gleichzeitig wird ein Vielfaches davon in der bäuerlichen Landwirtschaft und im Tourismus vernichtet. Gerade im strukturschwachen Wendland können wir uns das nicht leisten!

Investitionswillige Bauern fänden durchaus Alternativen, denn z.B. bei Eiern und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung ist in Deutschland die Nachfrage deutlich größer als das heimische Angebot.

Immer mehr Bürger fragen; kann man dann nicht zum Wohle des ganzen Landes die industrielle Tierhaltung verhindern?

Die Antwort ist mehrschichtig:

Am besten wäre es, der Gesetzgeber würde das "privilegierte Bauen im Außenbereich" an bäuerliche Landwirtschaft binden und keine andere als artgerechte Tierhaltung zulassen. Aber eine entsprechende Novellierung kann Jahrzehnte dauern...

Auf kommunaler Ebene ließe sich sofort etwas machen: Die Gemeinden haben die Planungshoheit und könnten z.B. solche Bauleitplanungen erstellen, die mit Hähnchenmastställen unvereinbar sind.

Auf Verbraucherebene kann jeder etwas machen: Wenn Fleisch auf den Tisch kommt, dann nur aus artgerechter Tierhaltung!

Es liegt also in der Hand jedes Einzelnen, ob das Wendland sich weiter zur Öko-Region entwickelt oder Schritt für Schritt, Stall um Stall, zur stinkenden Agrarwüste verkommt.

 

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