Landeszeitung für die Lüneburger Heide

vom 05. Mai 2010

Ministerin lächelt Kritik

Am siebten Tag im Amt besucht Astrid Grotelüschen das Wendland — und triff auf Protest

off Hitzacker. Zu den ersten Händen, die Astrid Grotelüschen bei ihrem Antrittsbesuch im Wendland schüttelt, gehören die ihrer größten Kritiker. Mit Plakaten und Faltblättern erwarten die Protestler Niedersachsens neue Landwirtschaftsministerin vor dem Cafe Dierks in Hitzacker, wo die 45-Jährige 50 Minuten später die Bioenergie-Dörfer in der Region küren wird (siehe rechts). Noch ist die Christdemokratin keine Woche im Amt, doch die Mitglieder der Initiative gegen industrielle Tierhaltung haben ihre Meinung bereits auf ein Pappschild gepinselt: „Frau Grotelüschen züchtet Puten, ist uns das noch zuzumuten?" Die Ministerin nimmt das Plakat zur Kenntnis. Lächelt mild. Schüttelt weiter Hände - und steckt das Faltblatt ihrer Kritiker zu ihrer Rede in die dezente schwarze Aktenmappe unterm Arm.

Stets ein freundliches Lächeln auf den Lippen. So präsentierte sich Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (l.) bei Ihrem ersten Auftritt im Wendland - gegenüber ihren Kritikern, genauso wie im Gespräch mit der CDU-Landtagsabgeordeneten Karin Bertholdes-Dandrock. Foto: t&w

Den übrigen Abend bleibt Astrid Grotelüschen von weiterer Kritik an ihrer Person verschont. Zumindest von öffentlicher. Denn hinter vorgehaltener Hand nennen sie einige Wendländer bereits die „große Lusche", als Betreiberin eines Putenzuchtbetriebs kritisieren sie Verbände wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) als Vertreterin einer industriellen und tierquälerischen Landwirtschaft. Astrid Grotelüschen allerdings lächelt über alle Vorbehalte hinweg, lobt Lüchow-Dannenberg als vorbildliche Bioenergie-Region, lässt sich von der Projektleiterin des Abends in die richtige Foto-Position schieben - und schaut nur einmal auf die kleine Uhr an ihrem Armgelenk, bevor sie sich nach rund anderthalb Stunden verabschiedet. Den Anwesenden verspricht sie wiederzukommen. „Von Herzen." Und „aus echtem Interesse an der Region". Doch der siebte Tag als Ministerin war lang. Und der achte beginnt früh.

Vor ihrem Besuch in Hitzacker hat die erste Frau an der Spitze des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums
überhaupt bereits Hände beim EU-Projekttag am Gymnasium Wildeshausen geschüttelt. Sie hat auf der Tagung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Bad Zwischenahn gesprochen und den deutschen Käsepreis im Freilichtmuseum am Kiekeberg verliehen. Fast 600 Kilometer wird sie am Ende des Tages im Auto gesessen - und mehr als 13 Stunden gearbeitet haben. Am nächsten Morgen geht ihr Leben als Ministerin um 8.45 Uhr weiter: Mit der Kabinettsvorbesprechung in ihrem Büro in Hannover.

Die Anstrengungen des neuen Amtes sind auch in Hitzacker kaum zu übersehen. Die langen Autofahrten haben Falten im dunklen Hosenanzug der Christdemokratin hinterlassen - und auch die braunen Augen können die Müdigkeit nicht mehr verbergen. Den Präsentkorb mit Spargel und Wein aus der Region nimmt sie noch lächelnd entgegen - und vergisst ihn wenige Minuten später im Festsaal. Die Projektleiterin trägt ihn der Ministerin hinterher, der Fahrer übernimmt das Präsent, während Astrid Grotelüschen erneut von einer Menschentraube umringt wird. Ihre CDU-Parteikollegin aus dem Landtag, Karin Bertholdes-Sandrock, begleitet die Ministerin zum Auto.

Eine Hand vertrauensvoll auf der Ministerinnen-Schulter. Man nickt. Und lächelt. Grotelüschen verschwindet im dunklen BMW. Und Karin BertholdesSandrock winkt zum Abschied. Im Café Dierks ist man unterdessen zur Talkrunde übergegangen - anders als angekündigt jedoch ohne die Ministerin.

Im Anschluss an die Talkrunde wird locker geplaudert. Gesprächsthema Nummer eins: "Frau Ministerin". Während eine junge Frau aus den Reihen der Protestler sie „ganz nett" findet, deutet ein anderer ihre Rede als Bestätigung dessen, was er ohnehin schon wusste. „Sie wird die Massentierhalter unterstützen." In einem aber scheint sich die Mehrheit an diesem Abend einig: „Gut, dass sie mal da war." Und: „Schauen wir mal, was noch so kommt."

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